Etwa 30 Gäste konnte der Vorsitzende der Unabhängigen Bürger Puchheim (ubp), Uli Schuon, zum Stadtgespräch „ Klimaschutz zu Hause“ im Saal der Nachbarschaftshilfe Puchheim begrüßen. Nach Fridays for Future in Puchheim und der Diskussion über den Klimacheck im Stadtrat nun also die Frage: Was können wir zu Hause für den Klimaschutz tun?Der Energie-Effizienz- und Klimaschutzexperte Jürgen Honold war eingeladen, diese Frage zu beantworten. Er betreibt in Puchheim ein Ingenieur- und Architekturbüro für Energieberatung, das bereits mit einem Preis der Bayerischen Staatsregierung ausgezeichnet worden ist. Nebenbei ist er auch noch Bürgermeisterkandidat der Unabhängigen in Puchheim.
In seinem Vortrag ging Honold konsequent deduktiv, vom Allgemeinen zum Besonderen, vor und erläuterte zunächst die globalen Zusammenhänge des Klimawandels. Von Natur aus halten Wolken, Kohlendioxid (CO2) und Methan gleich einem Gewächshaus die Wärme in der Atomsphäre und sorgen so dafür, dass wir auf der Erde leben können. Das Gas Kohlendioxid ist farblos, gut in Wasser löslich, nicht brennbar, geruchlos und ungiftig. Es ist neben Stickstoff, Sauerstoff und sogenannten Edelgasen ein natürlicher Bestandteil der Luft und ist eines der bedeutendsten „Treibhausgase“. Es ist ein natürliches Nebenprodukt der Zellatmung vieler Lebewesen und entsteht zudem bei der Verbrennung von Holz, Kohle, Öl oder Gas. Die Erde nimmt diesen von Ihr selber produzierten Kohlenstoff komplett auf, kann aber den menschengemachten CO2 Ausstoß nicht kompensieren, so dass der Anteil CO2 in unserer Luft seit Jahrzehnten kontinuierlich ansteigt.
Durch die Verbrennung von Kohle, Erdöl oder Erdgas in der Industrie oder beim Heizen wird seit dem Beginn der Industrialisierung weltweit immer mehr CO2 freigesetzt. Allein seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich der globale CO2-Anstieg vervierfacht. Durch den Anstieg der CO2-Teilchen in der Atmosphäre kann weniger der von der Erde abgestrahlten Wärme ins Weltall entweichen. Die Folgen: Die Erdtemperatur nimmt zu, die Polkappen und Gletscher schmelzen ab und der Wasserspiegel der Ozeane steigt.
Da der Treibhauseffekt durch immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen belegt wurde, versuchen Politik und Industrie den Klimawandel zumindest zu verlangsamen. Die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 war ein Meilenstein.
Seither sind fast 30 Jahre vergangen und auch in Deutschland wird eher eine Beschleunigung des Klimawandels festgestellt: Die wärmsten 20 Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen lagen innerhalb der letzten 22 Jahre. Folgen, so der Monitoringbericht der Bundesregierung zum Klimaschutz vom 26. November 2019 sind: Höhere Gesundheitsrisiken, Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, Anstieg des Wasserspiegels in Nord- und Ostsee seit 1981 um 10,3 cm.
Nach diesem Monitoringbericht gehören die Kommunen zu den zentralen Akteuren der “ Anpassung an den Klimawandel.“ Die Begrenzung des Klimawandels ist offenbar schon in den Hintergrund gerückt.
In Puchheim gibt es schon seit 1992 ein Energiesparförderungsprogramm. Dieses wurde in den letzten Jahren nicht ausgeschöpft. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Kraftfahrzeuge in Puchheim trotz Ausbau des Busverkehrs seit 2010 mit 15% deutlich stärker angestiegen als die Einwohnerzahl mit 9%.
Für die Zukunft fordert ubp-Bürgermeisterkandidat Honold sofortiges Handeln und sieht folgende Schwerpunkte für den Klimaschutz in Puchheim:
• Kühlende Oasen/Grünflächen schaffen, Begrünung von Gebäuden, Neubauten einem Klimacheck unterziehen
• Gebäudesanierungen nach strengen Nachhaltigkeitskriterien
• Flächenversiegelungen vermeiden
• Grund- und Trinkwasserschutz ausweiten
• Energieversorgung sozialverträglich auf erneuerbare Energien umstellen
• Minimierung des schadstoffproduzierenden Verkehrs
• Pestizideinsatz verbieten oder zumindest auf ein Minimum reduzieren
• Baumbestand pflegen, erneuern, ausbauen
• Jährliche Überprüfung und Erfolgskontrolle des Klimaplans
Für das eigene Haus bzw. die eigene Wohnung gibt Honold folgende Handlungsempfehlungen:
• Gebäude: Energetische Sanierung, Dämmung von Dächern, Fassaden, Erneuerung von Fenstern
• Anlagentechnik: Erneuerung von Heizungen, Austausch von Heizungspumpen, hydraulischer Abgleich von Heizungsanlagen
• Einsatz erneuerbarer Energien: Ökostrom, Ökogas, Strom sparen („Rebound-Effekte“ vermeiden!)
• Erzeugung erneuerbarer Energien: Photovoltaikanlagen, Balkonmodule, Brennstoffzellen
• Verkehr: Verzicht auf Fahrten mit Verbrennungsmotor-Fahrzeugen, stattdessen Fahrrad, öffentlicher Nahverkehr, Fahrgemeinschaften
• Konsum: Regional und Saisonal einkaufen, verpackungsfreies Einkaufen
In der Diskussion wurde Honold u.a. zu seiner Einschätzung der Effizienz der Elektromobilität befragt. Er bewertet sie nach jüngst vorgelegten Forschungsergebnissen durchaus positiv, sieht aber auch in Brennstoffzellentechnologie mittelfristig ein großes Potenzial.
Reinhold Koch